Montanarchäologische Untersuchungen am

Iberg bei Bad Grund, Ldkr Osterode a.H.

 

Die oberdevonischen Riffkalke des Iberg/Winterberg-Komplexes stellen nicht nur aus geologischer Sicht eine Besonderheit des Harzgebirges dar sondern sind auch aus archäologischer Sicht als Bergbaudenkmal ersten Ranges einzustufen.

 Das atollartig aufgebaute Riff wird als kompakter Karbonatblock von Kluft- und Störungsscharen durchzogen und ebenso von diesen gegen die umgebenden Tonschiefer des Unterkarbon abgegrenzt. Viele der hydrothermal mineralisierten Kluft- und Störungsspalten waren ursprünglich in weiten Bereichen von Eisenspat erfüllt, der später durch meteorische Sickerwässer zu Brauneisen, unter Freisetzung von Kohlensäure, umgewandelt wurde. Dieses führte - zonal und lokal - zur  Auflösung des karbonatischen Nebengesteins. Folge war eine zusätzliche Aufweitung der Störungs- und Kluftspalten bis hin zur Höhlenbildung im Umkreis der Vererzungen. Die natürliche Tiefenverwitterung und Umwandlung der Eisenerze war von großem Vorteil für die frühen Bergleute. Sie brauchten "nur" die Lösungshohlräume nach dem limonitischen Höhlenlehm abzusuchen. Seine niedrigen Silikat- und Phosphat- aber hohen Mangangehalte begünstigten die Verhüttung der Erze zur Gewinnung eines besonders langlebigen Eisens.

 Der letzte Eisenerzbergbau am Iberg wurde 1885 eingestellt. Sein Alter wird unterschiedlich eingeschätzt, letztlich gibt der Fund Iberger Eisenerze aus der Grabung in Düna/Osterode erstmals sichere Hinweise auf das hohe Alter des Abbaus. In einem über 14C-Analyse in das erste Jahrhundert vor Christi Geburt datierten Befund, vermutlich dem Rest eines Rennfeuerofens, konnte Iberger Eisenerz durch mineralogische Untersuchungen identifiziert werden.

Damit gewinnen Vermutungen, dass in der dem Iberg vorgelagerten eisenzeitlichen Befestigung Pipinsburg bei Osterode ebenfalls Iberger Eisenerze verarbeitet wurden, an Wahrscheinlichkeit. Bereits mit der Datierung aus Düna gehört der Iberg zu den wenigen, nachweislich eisenzeitlich genutzten Lagerstätten Mitteleuropas.. Inwieweit die Lagerstätte Einfluss auf Beziehungen der Pipinsburg zu südlichen Kulturkreisen hatte, kann bei der heutigen Forschungslage noch nicht entschieden werden.



 Die Felswerke GmbH Goslar plante schon seit 1998 die Erweiterung des Winterberger Steinbruches in südöstlicher Richtung in den angrenzenden Iberg. Aufgrund der bisherigen Kenntnisse über den Eisenerzbergbau am Iberg, der 1885 endete, konnte die Arbeitsstelle Montanarchäologie die archäologische Untersuchung des rund zehn Hektar großen Erweiterungsgebietes dankenswerterweise mit Hilfe eines Teams der Fels-Werke Goslar unter Leitung des Geologen A. Quest und unterstützt durch Dr. E. Walcher durchführen. Mit dem Fortschreiten des Steinbruch-Tagebaus sollen später weitere archäologische Untersuchungen der unterirdischen Bearbeitungsstufen in den zahlreichen Höhlen und Spalten des Kalkgebirges folgen.

Die archäologische Untersuchung im Jahr 2005 erfaßte etwa 50 Bergbauhalden im Erweiterungsgebiet des Steinbruchs. In den Kluft- und Störungsspalten des oberdevonischen Riffkalkes hat sich Eisenspat gebildet, der sich im Laufe langer geologischer Zeiträume zu Brauneisen umgewandelt hat. Die oberirdisch sichtbaren kleinen Einsturztrichter (Pingen) markieren Schächte, die an schon vorhandenen Hohlformen der Verkarstung (Karstschlotten, Erdfälle und Subrosionsmulden mit eingesunkenen Deckschichten) angelegt wurden. Daraus resultiert die auf dem Übersichtsplan sehr dicht erscheinende Streuung der Pingen und Abraumhalden. Jeweils erfasst werden konnte die ursprüngliche Oberfläche des Ibergs, die bei der Abtiefung der Einstiegsschächte und beim Ausräumen der Hohlräume überdeckt wurden. Aus diesen Halden konnten kaum Funde geborgen werden, den einzigen Datierungshinweis geben die 14C-Analysen der systematisch aus den Halden und der darunter liegenden alten Oberfläche geborgenen Proben. Sie bestätigen den frühen zeitlichen Ansatz der Erzgewinnung für das frühe Mittelalter (um 600 n.Chr.) und führten zur Ausgrabung des bisher einzigen Eisenschmelzplatzes im westlichen Harz aus frühkarolingischer Zeit (um 700 n.Chr.). Intensiv wurde im 13. Jahrhundert, wohl unter Leitung der Zisterzienser aus Walkenried, das Erz abgebaut und Holzkohle für die Verhüttung gewonnen. Hiervon zeugt eine überraschend große Zahl sog. Grubenmeiler, die möglicherweise auch im Zusammenhang mit dem großen Hüttenrevier des 13./14. Jhs. n.Chr. im benachbarten Pandelbachtal und der Grangie Immedeshusen/Münchehof zu sehen sind.

 

Basis eines Grubenmeilers


Ausgrabung eines frühmittelalterlichen Eisenschmelzofens

 

Am nordwestlichen Rande des Untersuchungsgebietes fanden sich bei der systematischen Geländeprospektion nahe der aktuellen Steinbruchkante die Reste eines Schmelzofens mit Bruchstücken der Ofenwand, Spuren von hölzernen Pfosten sowie Schlacken. Das zugehörige Arbeitsplateau und der Ofenstandort wurden von F.-A. Linke planmäßig ausgegraben. Die Radiokarbonanalysen von zwei Holzkohleproben datieren den Ofenplatz in die Zeit vom 7. bis 10 Jahrhundert n. Chr., wobei das jüngere Datum nicht unbedingt mit der Ofennutzung identisch zu sein scheint, sondern zu einer sekundären Nutzung des Platzes wiederum zur Holzkohleherstellung gehören wird. Damit ist dieser Verhüttungsplatz, auf dem offenkundig nur Iberger Eisenerz verarbeitet wurde, neben Düna der bisher älteste Schmelzplatz zur Eisengewinnung, der bis jetzt im Westharz ergraben und dokumentiert wurde.



Reste des Eisenschmelzofens


Literatur:

M. Kempa, 2003: Abbau und Verhüttung von Eisenerz im Vorland der mittleren Schwäbischen Alb. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 86, Stuttgart

A. Quest, 2008: Eisenerz-Bergbau am Iberg, in: Ausbeute. Mitteilungsblatt der Arbeitsgemeinschaft Harzer Montangeschichte Heft2, 8. Jg., S. 30-38


Die zeitlich sehr beschränkte Aktion zur Rettung der archäologischen Befunde wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung durch die Fels-Werke Goslar

 

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